Frauen und Medien
Frauen und Medien

Frauen in Führungspositionen? Gibt es immer noch viel zu wenige. Zwei als Kultur- und Kreativpilot*innen Deutschland ausgezeichnete Unternehmerinnen gründeten Startups, um genau das zu ändern.

„Wir haben eine Vorbildfunktion!“ Medien-Unternehmerinnen für mehr Repräsentanz

Frauen in Führungspositionen? Gibt es immer noch viel zu wenige. Zwei als Kultur- und Kreativpilot*innen Deutschland ausgezeichnete Unternehmerinnen gründeten Startups, um genau das zu ändern.

„Wir haben eine Vorbildfunktion!“ Medien-Unternehmerinnen für mehr Repräsentanz

Wie wichtig ist es eigentlich zu betonen, dass ein Unternehmen von einer Frau gegründet oder geführt wird? „Das ist eine gute Frage – und eine, die schwierig zu beantworten ist. In dem Unternehmen, in dem ich arbeitete, bevor ich gründete, war ich in einem rein männlichen Team. Alle waren mindestens 15 Jahre älter als ich, lange war ich die einzige Frau. Hier wurde das immer betont und ich fand es ätzend. Ich war der Meinung, das darf keinen Unterschied machen“, sagt Nina Julie Lepique. Sie ist die Gründerin der Audio-Streaming-Plattform femtasy und sie wurde 2020 von der Bundesregierung als Kultur- und Kreativpilotin ausgezeichnet. „Mittlerweile muss ich aber sagen, dass ich schon sehe, dass es für Frauen diese gläserne Decke gibt. Das war mir lange nicht klar.“

Ganz ähnlich geht es Nina Probst von Sportfrauen, ebenfalls Kultur- und Kreativpilotin Deutschland 2020. „Ich bin kein Fan davon zu betonen, dass ich Unternehmerin bin. Das spielt für die Sache an sich keine Rolle. Aber natürlich, es ist vergleichbar mit dem aktiven Sport, der Situation von Sportlerinnen oder den Führungspositionen. Es gibt ja gerade die aktuelle Debatte beim DFB, in der es darum geht, eine Frauenquote von 30 Prozent einzuführen. Ich bin kein Fan von Frauenquoten, aber es scheint nicht anders zu funktionieren, um Frauen in Entscheidungspositionen zu bringen. Unter dem Aspekt finde ich es dann auch wieder wichtig, sich als Frau, als Unternehmerin zu positionieren, weil wir eine Vorbildfunktion haben.“

„Es gab kein Portal über alle Sportarten hinweg und kaum eines mit journalistischem Ansatz. Diese Lücke wollten wir füllen.“

Es geht also um Repräsentanz. Mädchen und junge Frauen, die keine Frauen in Gründungs- oder Führungspositionen sehen, werden entsprechende Karriereoptionen weniger wahrnehmen oder sich gar in solchen Rollen vorstellen können. Die Auszeichnung der beiden Unternehmen setzt deshalb ein Zeichen und zeigt, dass es möglich ist, etwas zu verändern und Transformationsprozesse in Gang zu setzen. Nina Probst entschied, Frauen im Sport ihre eigene Plattform zu geben. „Wir haben das Projekt gestartet, als ich noch ein Volontariat im Lokaljournalismus machte. Dort habe ich dieses Ungleichgewicht in der Sportberichterstattung mitbekommen. Ich wollte das ändern, habe aber festgestellt, dass das in meiner Position im Lokaljournalismus nicht funktioniert. Es gibt zwar Portale, die sich sportartenspezifisch dem Thema widmen, Blogs über Frauenfußball zum Beispiel. Aber es gab kein Portal über alle Sportarten hinweg und kaum eines mit journalistischem Ansatz. Diese Lücke wollten wir füllen.“

Zusammen mit ihrem Partner Fabian Hajek gründete sie schließlich sportfrauen.net. Er programmiert, sie kümmert sich um die Inhalte. Noch machen die beiden das im Nebenberuf. Nina ist freie Autorin im Bereich Corporate Publishing, Fabian ist in der IT-Abteilung bei einem Automobilhersteller. Nina sagt: „In der deutschen Sportberichterstattung ist die Frau definitiv noch nicht dort angelangt, wo die Männer sind. Aktuelle Studien besagen, der Anteil der Frauen an der Berichterstattung liege nur bei 15 Prozent. Repräsentanz ist jedoch wichtig, um Sponsor*innen zu gewinnen. Wer nicht in den Medien auftaucht, der ist wenig attraktiv für Geldgeber*innen. Außerdem geht es um die Vorbildfunktion von Sportlerinnen für Mädchen und junge Frauen, um sie auch langfristig zum Sport zu bewegen.“

Sportfrauen wird hin und wieder zum Vorwurf gemacht, dass sie im Gegenzug auch nicht gleichberechtigt berichten. „Wir machen das aber bewusst so. Wir wollen die tollen Geschichten über Frauen erzählen, im Männersport brauchen wir das nicht zu tun, da passiert es schon, gerade im Fußball.“ Anderer Bereich, gleiches Problem: femtasy ist eine Audio-Streaming-Plattform für erotische Audio Stories. In den Inhalten, die es vor der Gründung schon am Markt gab, sahen sich die Gründerin Nina Julie Lepique und ihre Freundinnen nicht vertreten. „Wir haben festgestellt, dass es zwar viele Inhalte gibt, aber wenige für Frauen und deren Bedürfnisse, viele davon sind ethisch bedenklich. Es gab viel Frust in der Runde und ich dachte, das muss man doch anders machen können. Dann habe ich meinen Partner angerufen und gesagt: ,Ich glaube, ich muss kündigen und erotische Audio Stories machen‘ und er dachte noch, okay, jetzt dreht sie wirklich völlig ab. Ich habe ihn aber schnell vom Konzept, der Mission und dem Business-Modell überzeugen können.“ Nina Julie Lepique und ihr Partner Michael Holzner gründen daraufhin femtasy.

„Es war meine erste Intuition, Audio-Inhalte anzubieten, weil im Gespräch mit den Freundinnen herauskam, dass die Fantasie total wichtig ist.“

1.500 Frauen wurden befragt und es stellte sich heraus, dass die weibliche Sexualität meist völlig falsch und klischeehaft dargestellt wird. Es gibt oft nur zwei Pole: entweder werden Frauen objektifiziert und sexualisiert oder sie haben keine Sexualität, maximal Blümchensex — Männer hätten immer die härteren Phantasien und Frauen fühlen sich dadurch unter Druck gesetzt. „Das ist aber einfach nicht so“, sagt Nina Julie. Dadurch, dass die angebotenen Inhalte am Markt diesen Mythen aufsitzen, passt auch das Angebot nicht zu den Bedürfnissen. „Es war meine erste Intuition, Audio-Inhalte anzubieten, weil im Gespräch mit den Freundinnen herauskam, dass die Fantasie total wichtig ist.“ Und dass Pornofilme für Frauen ganz oft eben überhaupt nicht funktionieren. „Audio“, sagt Nina Julie, „lässt mehr Freiraum, die Fantasie übernimmt die Details.“

Auch wenn es Nina Julie wichtig ist herauszustellen, dass die Geschichten der zwei Männer, die für femtasy schreiben, nicht weniger erfolgreich sind als die von den über 70 Autorinnen, glaubt sie dennoch, dass es die weibliche Perspektive ist, die ein Teil des Erfolgsrezeptes ist — man merke es in den Geschichten an den Details, denen eigene Erfahrungen zugrundeliegen. Ob es eine geschlechterspezifische Perspektive auf das Unternehmertum gibt? „Ich glaube, das ist eher persönlich als dass es am Geschlecht liegt. Manchmal stimmt ein Klischee, manchmal aber eben auch nicht. Manchmal bin ich vielleicht viel härter als Michael — eine Eigenschaft, die stereotypisch eher einem Mann zugeschrieben wird. Genau hier muss man aufpassen, denn genau dadurch entstehen diese Klischees“, sagt Nina Julie. Im Moment arbeitet Michael mit dem Tech-Team zusammen, Nina Julie hingegen stärker mit dem Marketing- und dem Content-Team. „Wir denken aber gerade darüber nach, das nochmal umzudrehen, um eine frische Perspektive reinzubekommen.“