Eine Welt ohne Plastik
Eine Welt ohne Plastik

Inspiriert von der Nutzung des natürlichen Materials der Arekapalme, entwickelten Arekapak ein nachhaltiges Verpackungsdesign. Ziel der beiden Gründerinnen ist es die Plastikverpackung langfristig auszurotten.

Eine Welt ohne Plastik

Inspiriert von der Nutzung des natürlichen Materials der Arekapalme, entwickelten Arekapak ein nachhaltiges Verpackungsdesign. Ziel der beiden Gründerinnen ist es die Plastikverpackung langfristig auszurotten.

Eine Welt ohne Plastik

Wenn man immer nur nach vorne schaut, verliert man leicht aus den Augen, wie weit man schon gekommen ist. So geht es in diesen Tagen Nicole Plock und Alexandra Matthies: So viel zu tun in ihrem Startup Arekapak, so viele offene Fragen, anstehende Tests, Verhandlungen, Projekte. „Man denkt immer, man kommt gar nicht voran“, sagt Alexandra. „Und dann haben wir mal wieder einen Termin mit einem Kunden und der stellt lauter Fragen und wir haben auf jede eine Antwort. Und stellen fest: Wir haben wirklich wahnsinnig viel gelernt.“

Es ist noch gar nicht lange her, da war Arekapak nur eine Idee, mit der sich die beiden als Kultur- und Kreativpiloten Deutschland beworben haben. Heute verhandeln sie mit Supermarktketten und Lebensmittelherstellern, referieren mal eben so über Lieferketten und Containerfrachtraten, beraten mit dem Anwalt über die geeignete Rechtsform für ihre Firma und wollen 2019 anfangen, Geld zu verdienen.

Mit Arekapak wollen sich Nicole und Alexandra der Plastikmüllwelle entgegenstellen, deren Ausläufer inzwischen selbst in der Antarktis angekommen sind. Palmblätter statt Plastik, so könnte man die Idee zusammenfassen.

Bei einem Auslandssemester in Indien sind die Design-Studentinnen 2014 schockiert davon, wie viel Müll überall herumliegt „Das wussten wir natürlich vorher, aber das tat trotzdem weh“, sagt Alexandra. „Die Natur dort ist so schön, aber überall liegt da Plastik herum.“ In Indien begegnet den beiden aber auch die Lösung des Problems: „Wir sind viel gereist und haben auf den Märkten gesehen, dass dort viele traditionelle Materialien als Verpackung genutzt werden. Aus Bananenblättern, Palmblättern und Kokosfasern macht man dort ganz spannende Dinge.“

Nicole und Alexandra sind angefixt und machen die traditionellen Verpackungen zum Thema ihrer Bachelor-Arbeit. „Das sind Materialien, die aus der Natur kommen und in die Natur zurückgehen“, sagt Alexandra. „Und wir haben uns gefragt: Wie kann man das in die industrialisierte Moderne übertragen?“

Das Material, das es den beiden angetan hat, sind die Blätter der Areka- oder Betelnuss-Palme. „Das ist in Indien und vielen anderen Ländern eine uralte Kulturpflanze, und alleine in Indien fallen von diesen Palmen jedes Jahr über fünf Milliarden Blätter herunter.“ Fallen einfach herunter, und nur ein Teil davon wird in traditionellen Manufakturen zu Tellern und anderen Einwegartikeln verarbeitet. „Die Blätter werden gewässert, bekommen eine lederartige Konsistenz und werden dann unter Hitzeeinfluss in die gewünschte Form gepresst.“ Ohne Chemikalien, das Produktionswasser könne auf den Feldern ausgebracht werden.

An der heimischen Designhochschule gibt es keine Pressen dieser Art, die beiden fräsen Holzformen, pressen damit ihre Prototypen, die sich dann wieder und wieder im Backofen zu einem unförmigen etwas verformen.

Als sie die Produktion endlich im Griff haben, wissen Nicole und Alexandra: Die Idee hat wirklich Potenzial. Die beiden denken vor allem an all das Obst und Gemüse, das für den Verkauf in Plastik verpackt wird – das ginge doch besser mit Palmblättern, die nach Gebrauch auf dem Kompost in 60 Tagen verrotten. „Wir wussten aber noch gar nicht, wie wir weitermachen wollten“, sagt Alexandra. Dann stoßen sie über eine Anzeige auf den Wettbewerb Kultur- und Kreativpiloten Deutschland. „Wir haben uns einfach beworben und wurden ganz unverhofft genommen.“

Mit dem Titel wird Arekapak plötzlich Realität: „Wir hatten sofort sehr viel mediale Aufmerksamkeit, viel Feedback – und wir haben potenzielle Kunden kennengelernt“, sagt Alexandra. „Genauso wichtig ist aber die Gruppe, die Gemeinschaft mit den anderen Piloten Man lernt wahnsinnig viel voneinander.“

Vor allem, dass letztlich alle Gründer früher oder später ähnliche Probleme haben.

„Das sind Materialien, die aus der Natur kommen und in die Natur zurückgehen“

Gerade steht Arekapak kurz vor den ersten Feldversuchen mit Pilotkunden, eine Supermarktkette ist dabei und ein holländischer Erzeuger von Asia-Gemüse. Gastronomen melden sich bei Arekapak, Online-Händler. Selbst Elektronikhersteller haben Interesse daran, Styropor und Plastik durch gepresste Palmblätter zu ersetzen

Nun muss sich das Material im harten Logistik-Alltag bewähren, Kühl- und Lieferketten überstehen, in einer Begleitstudie zeigen, dass es auch den strengen deutschen Lebensmittelvorschriften gewachsen ist. Gleichzeitig bauen die beiden zusammen mit einem indischen Kommilitonen die Produktion in Indien auf, schließen Verträge mit Manufakturen vor Ort und prüfen, ob die Produktqualität exporttauglich ist. „Uns ist wichtig, dass die Wertschöpfung dort stattfindet“, sagt Alexandra. „Auch wenn das bedeutet, dass wir das Produkt per Schiff nach Europa bringen müssen.“ Unter dem Strich soll Arekapak trotzdem die ökologisch überlegene Lösung sein. Aber nicht nur das: „Wir wollen Lösungen, die ökologisch sind, ästhetisch und funktional. Das ist ein wichtiger Dreiklang. Es gibt viele ökologische Lösungen die unästhetisch sind, nicht funktionieren oder nicht authentisch sind.“

Bis zum Jahresende ist Arekapak noch finanziert, das Berliner Startup-Stipendium sichert Nicole und Alexandra den Lebensunterhalt und ihr Büro. Anfang 2019 sollen dann zum ersten Mal Verkaufserlöse hereinkommen, wenn die erste Arekapaks in den Verkauf gehen. Und dann? Die beiden denken schon viel weiter: „Wir wollen nicht nur bei der Arekapalme bleiben, sondern weiter forschen. Die haben so viele Materialien. Das ist unsere große Vision: so viel Plastik wie möglich zu ersetzen.“

Nicht vorankommen klingt irgendwie anders.

Text: Georg Dahm
Fotos: Arekapak