Marc Kamps Birds And Trees
Marc Kamps Birds And Trees

Das Startup Birds and Trees entwickelt Reha- und Therapie-Apps. Marc Kamps ist damit zum Kultur- und Kreativpiloten 2015 ausgezeichnet worden. Er weiß, dass Gründerjahre schwer sein können – und teilt mit uns seine Erfahrungen und die Learnings aus den Piloten-Workshops.

Marc Kamps Birds And Trees

Das Startup Birds and Trees entwickelt Reha- und Therapie-Apps. Marc Kamps ist damit zum Kultur- und Kreativpiloten 2015 ausgezeichnet worden. Er weiß, dass Gründerjahre schwer sein können – und teilt mit uns seine Erfahrungen und die Learnings aus den Piloten-Workshops.

Marc Kamps Birds And Trees

Gründergedanke: Ich habe eine tolle Idee, bin wild entschlossen, habe aber wenig bis keine Kohle. Und jetzt?

Marcs Senf dazu: Wenn ich nochmal gründen wollte, würde ich meine Idee auf bestehende Fördermöglichkeiten abstimmen. Wir sind mit unserem Projekt bei einigen Programmen durchgefallen, weil wir ein oder zwei Kriterien nicht erfüllt haben. Da haben wir unnötig Lehrgeld gezahlt. Wenn man die Förderkriterien vorher kennt, kann man seine Idee darauf abstimmen, auch ohne Gefahr zu laufen, sie zu entstellen. Wichtig ist, sich schon vor der Gründung hinzusetzen und das zu prüfen, denn an einige Fördertöpfe kommt man nur, wenn man formal noch nicht gegründet hat.

Geil, die Idee hat sonst keiner – auch „blauäugig Neuland betreten“ genannt.

Unsere App ist eine Mischung aus Game und Medizintechnikprodukt. Wir dachten damals: „Toll, wir lassen das als Medizintechnikprodukt zertifizieren. Das haben andere nicht.“ Puh. Hätten wir vorher gewusst, was da für ein Aufwand auf uns zukommt, hätten wir wahrscheinlich nicht mal gegründet. Heute würde ich versuchen, frühzeitig Kooperationen zu schließen, um den Aufwand zu teilen. Auf unsere Gründung bezogen also nach dem Motto: Ihr gebt uns die Expertise im Medizintechnik-Bereich und wir euch die Expertise bei den Games. Holt euch zumindest Rat, sonst dauert alles länger und kostet mehr.

SEI BEREIT ZU VERÄNDERUNGEN, AUCH DAZU, DEINE IDEE KOMPLETT WIEDER ÜBER DEN HAUFEN ZU SCHMEISSEN.

Los geht’s! Aber warum will niemand in meinem coolen Startup arbeiten?

Eine Patentlösung dafür, wie man gute Mitarbeiter findet, suche ich auch noch. Was aber in der Regel nicht funktioniert, ist klassisch auf einer Jobsuchmaschine zu inserieren. Planlos in sozialen Netzen zu posten, ist meiner Erfahrung nach auch nicht sehr ergiebig. Vielversprechender ist, andere Startups anzusprechen. Oft sind Programmierer oder Layouter bei einem Unternehmen nicht vollkommen ausgelastet, dann kann man sich die Fachleute teilen. Oder gemeinsam anstellen. Eine andere Idee: Menschen suchen, die etwas mit der Startup-Idee zu tun haben. Die bringen oft eine hohe Motivation mit und stecken zumindest zeitweise bei der Bezahlung zurück, um ein Projekt überhaupt zum Rollen zu bringen. Und immer wieder drüber zu sprechen, dass man sucht, ist auch wichtig. In dem Sinne: Wir suchen noch Leute, die sich mit 3D-Modelling und Animation auskennen.

Meine Idee leuchtet jedem sofort ein, die muss ich niemanden mehr erklären.

Doch. Und zwar so oft, bis man das selbst nicht mehr hören kann. Ich habe unsere Geschichte so oft vorgetragen: Du kannst mich nachts um drei wecken und dann erzähle ich dir die Story runter. Wir haben den Aufwand zu Anfang aber auch unterschätzt. Wir zielen mit unserer Mukoviszidose-App unter anderem auf die Zielgruppe Selbsthilfe ab. Da sitzen auch ältere Leute, die vergleichsweise wenige Berührungspunkte mit dem Internet haben. Da mussten wir immer wieder erklären. Das gehört eben dazu: Du kannst nicht davon ausgehen, dass jeder dein Konzept sofort versteht. Insgesamt gilt: Identifiziere die Interessengruppen an deinem Produkt und lerne sie, ihre Bedürfnisse und ihre Meinung über deine Idee kennen. Persönlich. Ja, das dauert. Aber das lohnt sich. Am besten, du fängst damit heute noch an.

So soll mein Produkt aussehen und nicht anders. Ist schließlich meine tolle Idee – auch „produktbezogener Gründerstarrsinn“ genannt.

Zu Anfang sollte unsere App eine Hilfe für Eltern sein, um ihnen zu erklären, was Mukoviszidose überhaupt ist. In den ersten Gesprächen mit den Stakeholdern hat sich aber gezeigt, dass das überhaupt nicht gebraucht wird. Die Eltern wissen alle Bescheid. Was sich aber alle wünschen: Eine App für Kinder, die ihnen zeigt, warum die Mukoviszidose-Therapie wichtig ist. Was angehende Gründer daraus lernen können: Sei bereit zu Veränderungen, auch dazu, deine Idee komplett wieder über den Haufen zu schmeißen. Und suche den Kontakt zu möglichen Kundengruppen schnell. Auch hier haben wir Lehrgeld gezahlt: Unser erster Prototyp war viel zu detailliert. Davon war nach den Gesprächen nicht mehr viel übrig. Design-Thinking hat uns da geholfen. Grob gesagt versetzt man sich dabei in die Perspektive des Kunden oder Nutzers und entwickelt im Team Ideen, die die eigene Geschäftsidee verbessern. Man arbeitet dazu viel mit Visualisierungen dieser Ideen. Das geht schneller und spart unnötigen Aufwand.

Och, das reicht mir doch – auch „zu klein denken“ genannt.

Als wir angefangen haben, waren unsere Worte immer: „Hallo, wir entwickeln eine Mukoviszidose -App.“ Mehr wollten wir gar nicht. Der Haken: Damit ist relativ wenig Geld zu verdienen. Dein Produkt muss möglichst skalierbar sein. Wir haben vollkommen ignoriert, dass man mit so einer App auch andere Krankheiten bedienen kann. Seitdem stellen wir uns so vor: „Hallo! Wir machen die Therapie-App für alles.“ Und das wird uns geglaubt. Zu klein denken, ist typisch – aber leider Bullshit.

ZU KLEIN DENKEN, IST TYPISCH – ABER LEIDER BULLSHIT.

Markenbildung brauche ich nicht. Ich bin auf einem heißen Markt unterwegs, das läuft auch so.

Wir machen Serious Gaming. Cool, oder? Und ein heißes Thema. Aber das machen 1000 andere Startups auch. In anderen Bereichen ist das genauso. Frage dich also: Was macht dein Startup unverwechselbar? Was ist das Besondere? Worin seid ihr super? Hat bei uns auch länger gedauert. Aber irgendwann wussten wir: Wir machen nicht nur Serious Gaming und eine Mukoviszidose-App – wir sind Experten für Transitionsmedizin. Das ist der Bereich, der den Übergang von Jugendlichen zu Erwachsenen bei der Behandlung beschreibt. Mit 17 Jahren liegt man noch auf der Kinderstation, mit 18 auf der Erwachsenenstation. Der Übergang vollzieht sich aber viel früher. Und damit ändern sich auch die Bedürfnisse in der Behandlung. Dazu musste ich lernen, über meine Betroffenheit zu sprechen. Mein Sohn hat Mukoviszidose. Das war nicht einfach für mich. Heute gehört das aber zur Marke Birds and Trees dazu und verleiht uns Glaubwürdigkeit.