#JippieJayGay: Haltung zeigen
#JippieJayGay: Haltung zeigen

Neugründungen im Journalismus, die auf Inhalte und nicht nur auf Technik setzten, sind in Zeiten der Digitalisierung so selten wie mutig. Das STRAIGHT-Magazin aus Berlin zeigt, welche Zutaten künftig Erfolg versprechen: alternative Blickwinkel, eigene Haltung, Rückbesinnung auf Qualität – und Durchhaltevermögen.

#JippiejayGay: Haltung zeigen mit dem STRAIGHT-Magazin

Neugründungen im Journalismus, die auf Inhalte und nicht nur auf Technik setzten, sind in Zeiten der Digitalisierung so selten wie mutig. Das STRAIGHT-Magazin aus Berlin zeigt, welche Zutaten künftig Erfolg versprechen: alternative Blickwinkel, eigene Haltung, Rückbesinnung auf Qualität – und Durchhaltevermögen.

#JippiejayGay: Haltung zeigen mit dem STRAIGHT-Magazin

Um rund ein Viertel ist die Auflage deutscher Tageszeitungen innerhalb der vergangenen zehn Jahre gefallen. Bei Magazinen und Wochenblättern sieht es in vielen Fällen ähnlich oder schlimmer aus. Das Internet mit seinen Gratisinhalten gräbt dem auf Papier gedruckten Journalismus das Wasser ab. Weniger Einnahmen, Stellenabbau, Kritik an der Qualität – ein Teufelskreis. Gleichzeitig sind die Leser im Internet in der Masse immer noch kaum bereit, für Journalismus zu zahlen, die Erlöse aus Werbung gering. Man könnte also sagen: Es ist gerade keine gute Zeit für Gründungen im Journalismus. Oder man macht es wie Felicia Mutterer und ihr Team und trotzt dem Trend mit frischen Ideen, Gespür für Aufmachung und Themen und Durchhaltevermögen.

2015 traf die Gründerin einen Nerv: STRAIGHT, ein Print-Magazin für Frauen, die Frauen lieben, wird nicht nur von der Zielgruppe gelesen, sondern kommt auch darüber hinaus sehr gut an. „Einerseits sprechen wir nicht nur klassische Lesben an, sondern alle Frauen, die durchaus auch Frauen anziehend finden. Wir glauben, dass sexuelle Präferenzen, fluide sein können. Daher ist uns wichtig, keinen pauschalen Stempel aufzudrücken, daher verwenden wir bewusst nicht den Begriff ‚lesbisch‘, viel wichtiger ist uns, Selbstbewusstsein zu vermitteln“, sagt Felicia. „Und andererseits bringen wir mit unserem eigenen Stil auch Lifestyle-Themen, die unabhängig vom Thema ‚Frauen, die Frauen lieben‘ funktionieren und interessieren.“

Erdacht hat Felicia das Konzept zu STRAIGHT bereits 2006. Die Journalistin, die vorher beim Südwestrundfunk (SWR) gearbeitet hat, recherchierte damals intensiv zum Thema Homosexualität. „Dabei habe ich bemerkt, dass queere, lesbische Frauen kaum sichtbar sind“, sagt sie. Und das, obwohl es in Deutschland rund vier Millionen Frauen liebende Frauen gibt. „Zu meiner Motivation, etwas Eigenes zu kreieren, idealerweise mit gesellschaftlicher Relevanz, kam also noch das passende ökonomische Potenzial“, sagt Felicia. Die Chance musste die Journalistin ergreifen.

Ein erster Versuch, ihre Idee umzusetzen, scheiterte 2010 allerdings noch an unterschiedlichen Wohnorten und einem Team, das nicht alle Kompetenzen abdeckte. „Wir hatten schon den Titel, inhaltliche Ideen und auch schon Texte, aber zum Beispiel noch keine*n Grafik Designer*in“, sagt Felicia. Erst 2015 in Berlin sollte dann alles passen: Die Mitgründer Sven Markschläger und Jasmin Acar kamen an Bord, der eigene Tchakabum Verlag wurde gegründet. Das STRAIGHT-Magazin war aus der Taufe gehoben.

Das STRAIGHT-Magazin zeigt, welche Zutaten künftig Erfolg versprechen: alternative Blickwinkel, eigene Haltung, Rückbesinnung auf Qualität – und Durchhaltevermögen.

Fünf Ausgaben des STRAIGHT-Magazins sind bisher erschienen, die sechste kommt am 13. September 2017 heraus. Das Print-Magazin war aber nur der Anfang: Heute wächst parallel dazu auch die Web-Plattform Straight-Universe.com. „Wir verstehen uns als mehr, wir übernehmen durchaus auch die Rolle der klassischen Content-Agentur“, sagt Felicia. Print ist in unserem Konzept nur eine Säule, dazu kommen Events, die Online-Plattform mit einem Shop und dem Verkauf von zusätzlichen E-Paper-Versionen des STRAIGHT-Magazins und Auftragsarbeit. Ein weiteres Format ist gerade in Arbeit, auch das soll spätestens Ende des Jahres offiziell werden. „Wir haben gar keine andere Chance, als uns verschiedene Standbeine aufzubauen. Anders könnten wir das nicht finanzieren“, so die Journalistin.

In dem STRAIGHT-Universum steckt bisher neben Werbeeinnahmen nur eigenes Geld. Das kann, darf und muss sich ändern: „Um unsere Idee zu finanzieren, prüfen wir auch Kooperationen.“ Angebote dazu kommen viele: „Die Kultur- und Kreativpiloten sind ein toller Türöffner bei potenziellen Partnern“, sagt Felicia und er macht mutiger: „Neulich habe ich zum Beispiel beim Gründerinnenfrühstück Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries getroffen. Dank den Kreativpiloten hatten wir gleich ein super Anknüpfungspunkt, schließlich war sie es, die uns im vergangenen November den Preis übergab.” Und bei den Partnern aus der Wirtschaft kommt die Auszeichnung ebenfalls gut an. Da ist es eine Art Gütesiegel. „Aber Kooperationen müssen auch immer zu uns und unserer Idee passen. Als kleines Independent-Unternehmen hat man heute nur Chancen, wenn man nicht beliebig ist, sondern eine klare Haltung hat – und diese auch beibehält und trotzdem agil bleibt. Das ist ein kleiner Balance-Akt.“

Auch wenn Felicia schon die eine oder andere schlaflose Nacht wegen ihres Herzensprojektes hatte, würde sie jederzeit wieder gründen. „Du kannst nur gewinnen“, sagt Felicia. Man müsse sich aber im Klaren darüber sein, was das bedeutet. „Starten kann jeder, aber durchhalten kann hart sein“, sagt die Gründerin. „Dabei helfen auch die Kultur- und Kreativpiloten, die Auszeichnung bedeutet für uns Motivation.“ Das STRAIGHT-Universum steht nach dem Durchhalten jetzt vor dem nächsten Schritt: ein nachhaltiges Geschäft etablieren. Einfach wird das nicht, wissen die beiden. Aber erfüllend.

Für Partner aus der Wirtschaft ist die Auszeichnung eine Art Gütesiegel.

Bildercredits: William Veder, Straight / Schall und Schnabel, Kathrin Heller / BMWi, Straight